Die Weihesukzession von Erzbischof Martin Ngo Dinh Thuc

Schismatische Kleriker und die Kirche. In der letzten Ausgabe unserer Zeitschrift („Beiträge“/135, S. 7-13) haben wir im Artikel „Die Apostolische Sukzession der katholischen Bischöfe“ dargelegt, welche zentrale Bedeutung und essentielle Rolle für das sakramentale Leben der Kirche und somit die Vermittlung der erlösenden Gnade Jesu Christi an die Gläubigen die unbedingt ohne Unterbrechungen stattzufindende Nachfolge der katholischen Bischöfe und Priester in der Weihelinie der Apostel einnimmt. Ebenso legten wir dar, wie diese Weihenachfolge von den Zeiten der Apostel her bis auf die Gegenwart sowohl praktisch stattgefunden als auch historisch garantiert worden ist.
Im Artikel „Schismatische Weihen?“ („Beiträge“/83, S. 22-27) haben wir ja schon sehr kritisch das Thema des Auftretens und Wirkens von solchen Männern behandelt, die sich ursprünglich bei irgendeiner eindeutig schismatischen Gemeinschaft die Priester- und Bischofsweihe geholt haben (ob nun gültig, zweifelhaft gültig oder nicht gültig) und dann dennoch ungerechterweise den Anspruch erheben, rechtmäßige katholische Priester und Bischöfe zu sein.
Ferner erörterten wir in jener Abhandlung auch die kirchenrechtliche Seite solcher Fälle und kamen auf der Grundlage des Kanonischen Rechts von 1917 zum Ergebnis:
„Es ist also ein gewaltiger Irrtum anzunehmen, man könne eine Weihe von einem Häretiker oder auch ‚nur‘ Schismatiker empfangen, ohne dass dies entsprechende Folgen für den eigenen Kirchenstatus hätte. Manchmal heißt es: ‚Er hat ja nur die Weihe empfangen, nicht aber der Häresie oder dem Schisma seines Weihevaters zugestimmt‘. Diese Annahme ist eindeutig falsch! Denn der, der sich als bisheriger Katholik von einem häretischen oder auch ‚nur‘ schismatischen Bischof irgendeine Weihe ‚geholt‘ hat, wurde danach auch im Falle der Reue daran gehindert, diese unkanonisch erhaltene Weihestufe in der katholischen Kirche auszuüben! Denn wenn jemand die Gesetze und die Ordnung der Kirche mutwillig missachtet, darf er nicht damit rechnen, dass er die Kirche mit seiner Kalkulation etwa auch noch austricksen könnte!
Oder man sagt, dass man sich im Notfall die Weihen zum Beispiel auch von den Orthodoxen geben könnte. Nein, wir haben heute rechtmäßige katholische Bischöfe, die in der Nachfolge jener Bischöfe stehen, die während und nach dem unglückseligen Vatikanum II. dessen Irrtümern widerstanden und den katholischen Glauben bewahrt haben, und dürfen somit nicht rechtens auf die Orthodoxen oder auch auf die Abkömmlinge der Mariaviten, der Utrechter Union usw. schielen. In der Kirche gibt es Gesetze, und jedes Glied der Kirche ist daran gebunden bzw. wird daran gemessen!
…Besonders in der heutigen wirren postkonziliaren Zeit, da doch im Bereich der Ekklesiologie ebenfalls vieles in Frage gestellt bzw. bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet worden ist, hat ein jeder Katholik das Recht zu wissen, ob der Priester, der vorne am Altar steht, ein über alle Zweifel erhabener rechtmäßiger katholischer Priester ist, ein ‚Hirt der Schafe‘ nämlich, der ‚durch die Tür eintritt‘. Oder ob er eventuell jemand darstellt, der ‚anderswo einsteigt‘ (vgl. Joh 10, 1f.), das heißt zum Zweck des (für ihn nicht genehmigten) Eintritts zu den Schafen Christi einen anderen, eben nicht rechtmäßigen und somit leider auch einen nicht gottgewollten Weg sucht bzw. wählt. Daraus resultiert dann aber auch unsere Pflicht vor Gott, der katholischen Kirche und dem eigenen Gewissen, sich sowohl durch ein klares Wort als auch durch richtiges praktisches Verhalten gegen solche (offenkundigen oder latenten) schismatischen Elemente auszusprechen. Denn sonst würden wir wichtige kirchliche Grundsätze missachten und die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche nicht wahrhaft lieben!“
Zu demselben Thema wurde von uns auch der Artikel „Kirchliche Gemeinschaft mit Schismatikern?“ veröffentlicht (vgl. „Beiträge/36, S. 12-16).
Vatikanum II. Nun wird aber seitens der Menschen, die die betreffenden Kleriker dennoch für rechtmäßige katholische Priester und Bischöfe halten bzw. bei ihnen auch zur Messe gehen und Sakramente empfangen, bei der Verteidigung ihres Standpunkts gern auf manche Fehler verwiesen, die Erzbischof Pierre Martin Ngo Dinh Thuc entweder vermeintlich oder auch tatsächlich gemacht hat. Auf diese Weise sollen die betreffenden schismatischen Kleriker dann eben „gesundgebetet“ werden.
So wird Mgr. Thuc gelegentlich zum Vorwurf gemacht, er habe im Jahr 1965 die Dokumente des „Zweiten Vatikanischen Konzils“ unterschrieben und sei somit mit allen anderen Unterzeichner-Bischöfen ein öffentlicher Häretiker geworden. Und wenn er schon kein „engelreiner“ Bischof war, dann solle man sich bitte auch nicht kritisch äußern über die betreffenden schismatischen Kleriker – so die betreffende Logik.
Nun, als 1965 die Dokumente des betreffenden Vatikanums II. unterzeichnet worden sind, waren viele der entscheidenden modernistischen „Reformen“ noch nicht so fortgeschritten, wie dies dann 10-15 Jahre später der Fall war. So gab es 1965 z.B. noch keine „neue Messe“ und auch noch keine neuen Sakraments- und Weiheriten. All dies wurde ja bekanntlich erst in den Jahren nach 1965 eingeführt. Zwar wurde einiges davon sehr wohl geplant und teilweise auch schon angekündigt. Aber dennoch wusste bei weitem nicht jeder Bischof, wie weit die geplanten „Änderungen“ denn gehen sollten bzw. dass dann eine ganz neue und vom Protestantismus angehauchte „Schöpfung“ entstehen sollte, die die überlieferten Riten samt der betreffenden Glaubensinhalte verdrängen sollten! Während des Konzils verharmloste man seitens der verantwortlichen Modernisten die betreffenden Pläne noch eher und stellte sie, wohl aus Täuschungsgründen, bewusst als eine lediglich leichte Modifizierung der gegenwärtig existierenden katholischen Liturgie dar. Sollte ja gerade auch die breite Schicht der Bischöfe in dieser Phase nicht wachgeschüttelt werden.
Somit kann man die betreffende Unterschrift von Mgr. Thuc unter den Konzilsdokumenten nicht automatisch als einen Akt der Gutheißung aller darauf folgenden „Reformen“ werten bzw. ihm vorwerfen. Denn sobald ihm das ganze Ausmaß der betreffenden „Reformen“ bewusst wurde, reagierte er ja auch entsprechend ablehnend gegen die betreffende Verunstaltung des katholischen Glaubensguts und zeigte dadurch an, dass er nichts anderes als nur katholisch sein und ein katholischer Bischof bleiben wollte!
So lehnte er ganz konkret die „neue Messe“ Pauls VI. ab, was in der damaligen Zeit ein bester Beweis für die Rechtgläubigkeit eines Priesters oder Bischofs war. Hat es ja so ab 1969, dem Jahr der Promulgation dieses „Novus Ordo Missae“, praktisch auch bei allen anderen Priestern angefangen, die unbedingt die Treue zur kirchlichen Tradition halten wollten.
Ebenso hat Mgr. Thuc dann später auch den neuen Ritus der Bischofsweihe öffentlich als ungültig bezeichnet und sah deswegen umso mehr die Notwendigkeit, gültige katholische und somit ausdrücklich antimodernistische Bischöfe zu weihen. Dafür nahm er dann auch die entsprechenden Konsequenzen auf sich – die kanonische Bestrafung seitens Roms samt der diesen Akt begleitenden massiven Ausgrenzung in der offiziellen katholischen Welt! Zu der Zeit hat sich Mgr. Lefebvre übrigens noch entschieden geweigert, Bischöfe zu weihen.
Sowohl diese konkreten Handlungen als auch die später erfolgte öffentliche Bezeichnung des Vatikanums II. als einer häretischen Synode bedeuten, dass er – sobald ihm nämlich nach und nach das tragische Ausmaß der „Reformen“ der Konzils- und Nachkonzilszeit bewusst wurde – nichts anderes wollte als katholisch bleiben und als ein katholischer Bischof für die Gläubigen wirken, die ebenfalls katholisch bleiben wollten und somit die betreffenden liturgischen und glaubensrelevanten „Änderungen“ ablehnten.
Die Zeit um 1965 herum und sicherlich noch eine Weile danach war eine Art Übergangszeit, wo vieles noch nicht ganz klar war. Haben wir ja wohl alle einen bisweilen sogar mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte andauernden Prozess durchgemacht, bis wir ganz klar erkannt haben, in welche verderbliche Richtung bei der „Konzilskirche“ die Reise wirklich geht. Somit muss man eine solche Übergangsphase gerechterweise bitte auch Mgr. Thuc zugestehen!
Seine späteren Taten zeigten aber überdeutlich, dass seine Unterschrift unter den Dokumenten des Vatikanums II. keinesfalls als ein Akt der Anerkennung irgendeines Glaubensirrtums oder der Gutheißung irgendeiner Häresie gewertet werden kann und darf!
Palmar de Troya. Zweitens wird Mgr. Thuc zum schweren Vorwurf gemacht, dass er 1975 in Palmar de Troya in Spanien fünf Männern die Priester- und Bischofsweihe gespendet hatte. Diese Gruppe hat dann aber eine eigene „Kirche“ ausgerufen und behauptete, ihr erster Oberer, ein gewisser Clemente Domínguez y Gómez, habe Erscheinungen der Muttergottes erhalten.
Ja, leider hat Mgr. Thuc diese Weihen tatsächlich gespendet, was bei uns sehr großes Bedauern hervorruft. Kein Zweifel, dies war ein sehr großer Fehler von ihm. Was ist da aber ganz genau geschehen?
„Da er mit den Änderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht einverstanden war, verzichtete Thuc am 17. Februar 1968 auf das Amt des Erzbischofs von Hue. Durch den Vietnamkrieg war eine Rückkehr in seine Heimat ausgeschlossen. Papst Paul VI. ernannte Erzbischof Thuc am Tag seines Amtsverzichts zum Titularerzbischof von Bulla Regia.
Erzbischof Thuc lebte während der folgenden Jahre in einfachen Verhältnissen, zunächst in Italien, dann Frankreich. Dort kam er durch Vermittlung des Priesters Maurice Revaz mit der Palmarianisch-katholischen Kirche um Clemente Domínguez y Gómez in Kontakt. Revaz war bis zu seiner Entscheidung für die Gruppe um Domínguez y Gómez als Professor für Kirchenrecht im Seminar der Priesterbruderschaft St. Pius X. von Erzbischof Marcel Lefebvre in Econe tätig. Diese Tätigkeit musste er wegen seiner Unterstützung der Palmarianer aufgeben.
Erzbischof Ngo Dình Thuc konsekrierte am 11. Januar 1976 den Laien Clemente Domínguez y Gómez und vier seiner Anhänger (darunter zwei ältere Diözesanpriester, einen Benediktiner und einen Laien) ohne päpstlichen Auftrag zu Bischöfen, womit Thuc sich die Exkommunikation als Tatstrafe zuzog. Spätestens nachdem die Gruppe um Domínguez y Gómez 1978 diesen zum ‚Papst‘ ausgerufen hatte, brach Erzbischof Thuc alle Kontakte zu ihr ab und erklärte öffentlich, dass es sich bei den ‚Visionen‘ von Clemente Domínguez y Gómez um falsche Erscheinungen handle.
Kurzfristig schien es zu einer Annäherung mit dem Heiligen Stuhl zu kommen, denn 1977 hatte Papst Paul VI. die Exkommunikation von Thuc aufgehoben und ihn von kirchlichen Strafen absolviert. Doch scheiterte dieser Versöhnungsversuch letztlich an den offensichtlich unüberbrückbaren Differenzen.“ (wikipedia.org)
Nun, die asiatischen Völker sind ja für ihre Freundlichkeit und ihr Zuvorkommen bekannt. Mgr. Thuc hat sich zu der Zeit in Italien in einem Bergdorf aufgehalten und half da nach der Art eines Kaplans gelegentlich einem Pfarrer.
Dann kam zu ihm ein Priester der angesehenen Piusbruderschaft, sogar Dozent an deren Priesterseminar in Econe, und legte ihm unter Verweis auf die (angeblichen) Erscheinungen der Muttergottes nahe, in Palmar de Troya eben als Weihebischof in Aktion zu treten.
Davon beeindruckt und vom Interesse beseelt, etwas für die wahre katholische Kirche zu tun, unter deren sich gerade abspielenden Niedergang er litt, ließ sich Mgr. Thuc auf das betreffende Abenteuer ein, leider. Sobald er aber wahrnahm, dass da keinesfalls der wahre Katholizismus bewahrt werden sollte, sondern sogar eine eigene „Kirche“ ausgerufen wurde, distanzierte er sich sofort vollends von dieser schismatischen Gemeinschaft!
Als Vietnamese hat Mgr. Thuc offensichtlich zu schnell und zu naiv den Informationen über die Marienerscheinungen in Palmar geglaubt und sich dadurch hinters Licht führen lassen. Aber die betreffende Distanzierung zeigt uns dann an, dass er keinesfalls irgendeine schismatische Gesinnung hatte, sondern nur der katholischen Kirche dienen wollte.
Ja, leider war er zu leichtgläubig. Nur gibt es einen großen Unterschied zwischen der Leichtgläubigkeit an sich und einer bewussten nicht-katholischen Intention, zwischen einem sogar ernsthaften Fehler auf der einen und einem absichtlichen schismatischen Willen auf der anderen Seite. (Dies gilt auch für andere Weihen, die Mgr. Thuc an fragwürdige Personen gespendet haben soll. Wobei sich die Historizität solcher behaupteten Weihen manchmal sogar ausdrücklich verwerfen lässt!) Zugespitzt formuliert könnte man sagen, dass nicht jede Dummheit, die in Leichtgläubigkeit anderen Menschen gegenüber begangen wird, automatisch eine Sünde ist.
Legitime Bischofsweihen von 1981. Nun, im Unterschied zu den betreffenden schismatischen Klerikern wurde Mgr. Thuc von eindeutig legitimen katholischen Bischöfen und somit innerhalb der katholischen Kirche 1925 zum Priester geweiht und 1938 zum Bischof konsekriert. (Wobei ja jene Schismatiker nicht einmal den Versuch unternahmen, ihre schismatischen Weihen zu bedauern und bei einem rechtmäßigen katholischen Bischof des antimodernistischen Widerstandes um Konversion zur wahren katholischen Kirche zu ersuchen!)
Mit der Palmar-Geschichte beging er dann natürlich einen schlimmen Fehler. Aber sowohl sein ehrliches Bedauern dieses Vorfalls als auch die betreffende unmissverständliche Distanzierung davon, sobald ihm nämlich die wahren Absichten der ihn hinters Licht geführten Verantwortlichen dort bewusst wurden, zeigen seine menschliche Ehrlichkeit und den persönlichen Anstand an und verweisen vor allem darauf, dass er mit den Weihen in Palmar keinen bewussten schismatischen Akt begangen hat!
Somit handelte Mgr. Thuc dann auch eindeutig als ein rechtmäßiger katholischer Bischof, als er nämlich im Mai 1981 den französischen Dominikanerpater und früheren Professor am Angelicum und an der Lateran-Universität in Rom Michel Guérard des Lauriers und am 17. Oktober 1981 die mexikanischen Priester Moisés Carmona und Adolfo Zamora zu Bischöfen weihte. Alle drei Kandidaten waren ältere, erfahrene und hochangesehene katholische Priester (keine etwaigen Schismatiker!), die sich bis dahin in ihrer Treue zum überlieferten Glauben und der konsequenten Ablehnung der modernistischen Häresie sehr verdient gemacht hatten!
Mgr. des Lauriers hat dann am 30. April 1984 den (ebenfalls in keinen Verflechtungen zu Schismatikern stehenden) Priester Günther Storck zum Bischof konsekriert. Mgr. Carmona weihte am 24. September 1991 den amerikanischen Priester Mark A. Pivarunas zum Bischof, der ebenfalls keine einzige seiner Weihen von irgendeinem Schismatiker empfangen hatte.
Interessanterweise erzählte mir Bischof Storck in den 80-er Jahren einmal, dass er selbst, obwohl sehr kritisch und vorsichtig allen möglichen Schismatikern gegenüber (was die, die ihn hinreichend gekannt haben, bestätigen können!), keine Bedenken wegen Mgr. Thuc hatte, als ihm nämlich Mgr. des Lauriers die Bischofsweihe angeboten hatte. Mgr. Storck sagte, dass er Mgr. des Lauriers wegen dessen sehr klarer Prinzipien in der Treue zur katholischen Kirche schätzte und sich deswegen nicht hätte vorstellen können, dass er (Mgr. des Lauriers) sich von einem Bischof (Mgr. Thuc) hätte weihen lassen, bei dem ernsthafte Bedenken wegen dessen Intentionen und Prinzipien geäußert werden müssten. Bischof Storck bemerkte: des Lauriers habe sich Thuc angeschaut und als in Ordnung befunden; daher sei er auch für ihn in Ordnung gewesen.
Eine analoge Äußerung wird auch von Bischof Antonio de Castro Mayer aus Brasilien berichtet, der ja 1988 aktiv an den von Erzbischof Lefebvre als dem Hauptkonsekrator vollzogenen Bischofsweihen in Econe teilgenommen hat. Mgr. Castro Mayer soll nämlich einmal einigen Priestern und/oder Seminaristen auf Fragen in Bezug auf Thuc gesagt haben, dass er Mgr. des Lauriers kannte – wenn also Erzbischof Thuc für ihn, Mgr. des Lauriers, „in Ordnung“ gewesen sei, dann sei er auch für ihn, Mgr. Castro Mayer, in Ordnung!
Mentale Gesundheit. Ferner wird gelegentlich behauptet, Mgr. Thuc sei in den letzten Lebensjahren seiner Sinne nicht mehr mächtig gewesen, sodass dann daraus vor allem gewisse Zweifel an der Gültigkeit der von ihm gespendeten Bischofsweihen von 1981 abgeleitet werden.
Nun, damit solche Zweifel kirchlicherseits überhaupt irgendeine Daseinsberechtigung haben, muss der betreffende Sakramentenspender so wirr im Kopf sein, dass er entweder nicht mehr weiß, dass er ein bestimmtes Sakrament spendet, oder große Aussetzer bei der Einhaltung des betreffenden Ritus an den Tag gelegt haben.
Im Jahr 2014 befragte ich dazu den amerikanischen Franziskanerpater Francis Miller, der ab Oktober 1982 (als Franziskanernovize in der Gemeinschaft von Bischof Vezelis in Rochester, New York) für ungefähr eineinhalb Jahre eine Art Privatassistent von Erzbischof Thuc war, während welcher Zeit Mgr. Thuc nämlich in der betreffenden Franziskanergemeinschaft lebte.
Nach ausführlicher Beschreibung, wie selbstverständlich sich Mgr. Thuc dann dort in das kirchliche Leben der betreffenden Gemeinschaft eingefügt hatte, antwortete P. Miller auf die Frage nach dem mentalen Zustand von Mgr. Thuc unmissverständlich: „I never witness reason to doubt the clarity of the mind“. („Ich habe niemals etwas erlebt, was Anlass zur Annahme von Zweifeln an der Klarheit seines Verstandes geben würde“.) Außerdem: „Wie mir sein Arzt dreimal innerhalb der letzten 20 Jahre sagte, „konnte nur jemand, der niemals Erzbischof Ngo kannte, solche Vorwürfe erheben“.
Des Weiteren führte dieser Zeuge aus: „Sehr oft musste ich Seine Exzellenz zum Zweck einer Routineuntersuchung zu einer Arztpraxis begleiten. Er freute sich über diese Besuche besonders, denn der Arzt sprach ein exzellentes Französisch. Der Arzt meinte, seine Gesundheit (von Mgr. Thuc) war gut, außer einigen Schwierigkeiten, die er mit dem Blutzucker hatte. Das war die einzige Sorge des guten und respektierten Arztes. In allen meinen Gesprächen mit dem Arzt hat er niemals irgendeine Sorge in Bezug auf den geistigen Zustand des Erzbischofs geäußert. Er hat eher gemeint, dass ich mir überhaupt keine Sorgen hinsichtlich der (geistigen) Kompetenz Seiner Exzellenz machen müsste. Wie ich weiß, hat dieser Arzt, obwohl ein Katholik, niemals regelmäßig die Tridentinische Messe besucht.“
Vor seinem Tod abgeschworen? Zum Schluss sei noch der Vorwurf erwähnt, Mgr. Thuc habe vor seinem Tod (am 13.12.1984) noch seine sämtlichen Aktivitäten in traditionalistischen Kreisen bedauert und die von ihm entsprechend geweihten Bischöfe und Priester aufgerufen, sich der offiziellen „katholischen Kirche“ unter dem damaligen Johannes Paul II. zu unterstellen. Mgr. Thuc wurde nämlich gegen Ende 1983 von einer modernistisch-katholischen vietnamesischen Gruppe unter seltsamen Umständen zu sich geholt (unter wohl absichtlicher negativer Beeinflussung des Blutzuckers des damals 86-jährigen Mgr. Thuc), um ihn offensichtlich mürbe zu machen und von traditionalistischen Kreisen zu isolieren. P. Miller hat diese Vorgänge, die er ebenfalls persönlich miterlebte, bei einem öffentlichen Vortrag im Oktober 2014 (während der Fatima Konferenz in Spokane, Washington) ausführlich geschildert.
Nun, die Behauptung, es würde ein entsprechendes Schreiben mit der Unterschrift von Erzbischof Thuc existieren, wurde bezeichnenderweise erst Monate nach dem Tod von Seiner Exzellenz aufgestellt! Warum gab es aber ein solches Dokument nicht schon zu seinen Lebzeiten, welches dann wenigstens eine gewisse Glaubwürdigkeit besitzen könnte? Klar, Unterschriften konnten entsprechend kompetente Kreise auch schon im Jahr 1985 gut nachmachen!
Ferner führt P. Francis Miller zur Frage nach der möglichen Versöhnung des Erzbischofs mit dem modernistischen Rom folgendes aus: „Ich kann mir dies nicht vorstellen, da:
1. Kein (entsprechend) unterschriebenes Dokument veröffentlicht wurde, obwohl sie ein Foto zeigen, wie er (Mgr. Thuc) lache, einen Kugelschreiber in der Hand halte, womit angedeutet werde, er hätte eine Unterschrift geleistet.
2. Bei seinen letzten Worten, die er nämlich während jener schrecklichen Ereignisse in New York, die zu seinem Weggang aus unserer von ihm geschätzten Gemeinschaft führten, zu mir sprach, hieß es: ‚Sie wollen, dass ich ein Versöhnungsdokument unterschreibe und alles widerrufe, was ich getan habe.‘ (Lachend fuhr er fort): ‚Warum sollte ich solches tun, (dann sehr ernsthaft) dies würde das Werk zerstören, welches Gott mir gegeben hat zu vollbringen, um die Sakramente für die Zukunft zu bewahren. Ich kann das nicht tun!‘
3. Es gibt meines Wissens keine schriftlichen Erkenntnisse, welche seine Gesinnungsänderung belegen würden, ob sie nun jemals privat oder öffentlich gegeben worden wären. Es wurden lediglich Behauptungen aufgestellt.“
Erzbischof Pierre Martin Ngo-Dinh-Thuc starb am 13. Dezember 1984 in Carthage, Missouri im Haus einer exilvietnamesischen Kongregation und wurde dann am 22. Dezember beerdigt. Trotz mancher von ihm begangenen Fehler ist er dennoch zeitlebens ein eindeutig rechtmäßiger katholischer Bischof geblieben und hat durch sein Wirken und das gesamte Lebenszeugnis die Fahne des wahren katholischen Glaubens und der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche so hochgehoben, wie praktisch kein anderer Bischof zu seiner Zeit! Möge er im Frieden Gottes ruhen!

P. Eugen Rissling

(Vgl. auch: Schmitt, Oskar, Bischof Pierre Martin Ngo-dinh-Thuc. Ein würdiger Verwalter im Weinberg unseres Herrn Jesus Christus. 2006.)

ERKLÄRUNG

Wie stellt sich die katholische Kirche der Gegenwart in unserer Sicht dar? In Rom regiert "Papst" Johannes Paul II., umgeben von der Versammlung der Kardinäle, vieler Bischöfe und Prälaten. Außerhalb Roms scheint die katholische Kirche zu blühen mit ihren Bischöfen und Priestern. Die Zahl der Katholiken ist ungeheuer groß. Täglich wird in so vielen Kirchen die Messe gefeiert, und sonntags fassen die Kirchen zahllose Gläubige, welche die Messe hören und die hl. Kommunion empfangen.
Aber wie sieht die heutige Kirche in den Augen Gottes aus? Die Messen, an denen die Leute werktags und sonntags teilnehmen, sind sie Gott wohlgefällig? Keineswegs; denn jene Messe gilt sowohl für Katholiken als auch für Protestanten. Deshalb kann sie Gott nicht wohlgefällig sein, und sie ist ungültig. Die einzige Messe, die Gott wohlgefällig ist, ist die Messe des hl. Pius V., die von einigen wenigen Priestern und Bischöfen, zu denen ich gehöre, gefeiert wird.
Ich wünsche daher, wenn es in meinen Kräften steht, ein Seminar zu eröffnen für Kandidaten für jenes Priestertum, das Gott wohlgefällig ist.
Außer dieser "Messe", die Gott nicht wohlgefällig ist, gibt es noch vieles, was von Gott verworfen wird, zum Beispiel in der (neuen) Priesterweihe, der Bischofsweihe, der Firmung und der letzten Ölung.
Außerdem pflegen jene "Priester"
1. den Modernismus,
2. den falschen Ökumenismus,
3. die Anbetung des Menschen,
4. die Religionsfreiheit;
5. lehnen sie es ab, die Urheber der
Häresien zu verurteilen und die
Häretiker auszuschließen.

Daher erkläre ich als Bischof der römisch-katholischen Kirche den Römischen Stuhl für vakant, und mir als Bischof obliegt es, alles zu tun, damit die katholische Kirche Roms zum ewigen Heil der Seelen fortbesteht.

München, den 25. Februar 1982

(sig.:) Petrus Martinus Ngo-Dinh-Thuc
Archiepiscopus

 

 

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